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.Damals war ich heilfroh, daslästige Ding losgeworden zusein und genoss den Rest desTages im Leseparadies.AmNachmittag stand meine Mutterallerdings schon wieder anmeinem Bett, in der Hand hieltsie ein neuesFieberthermometer.Siebeschwor mich, ab jetztvorsichtiger zu sein, da man ihrin der Apotheke noch einmalerklärt hatte, wie furchtbar giftigdieses Quecksilber sei.Esverdampfe schon beiZimmertemperatur und könneHirnzellen zerstören.Wiederbenutzte ich in einemunbeobachteten Moment meine: Wunderlampe9 , passte diesmalaber besser auf, und durch dieerhöhte Temperatur überzeugt,erlaubte mir meine Mami,weiter im Bett zu bleiben.Während der nächstenMessung am Abend spitzte sichdie Handlung in meinem Buchzum Showdown zu.In derletzten entscheidenden Nachtbrach ein fürchterlicherSchneesturm über dasHeimatdorf des heldenhaftenJungen herein.Die Mächte derFinsternis holten zu ihremfinalen Schlag aus, und PLANG! Oh nein! Die Mächtedes Lichts hatten es wieder zugut gemeint mit demThermometer.Zum zweiten Malschwirrten die Zauberkügelchenin meinem Zimmer umher.Undwieder erzählte ich meinerverstörten Mutter, dass ich dasThermometer geschüttelt undaus Versehen an die Bettkantegeschlagen hatte.Und wiederhalf sie mir beim Einsammelnund Einatmen der giftigenSubstanz.Rückblickend wundert mich,dass Gretel nicht mich malkräftig durchgeschüttelt hat.Glaubte sie mir diese frechenLügen wirklich? Sie musste sichdoch fragen: : Warum in allerWelt schlägt mein angeblichvon Krankheit geschwächterJunge ständigFieberthermometer gegen seineBettkante?9 Vielleicht fügtensich in ihren Augen aber auchmeine Albträume und dasseltsame Verhalten zu einembesonders besorgniserregendenKrankheitsbild.Jedenfalls hatte ich das Buchgerade ausgelesen, in dem dasBöse schließlich unterlag, undwar auf bestem Weg, mich vonmeinem Lesefieber zu erholen,als mir meine Mutter erklärte,sie würde mich »zurBeobachtung« in eineKinderklinik nach Frankfurtbringen.Während ich nochüberlegte, wie ich ihr erklärenkonnte, dass von demBüchervirus, der mich befallenhatte, keine Gefahr mehrausging, fuhr sie mich schon indas Krankenhaus.Die anderenmeist sterbenskranken, kleinenPatienten auf meiner Stationwaren höchst erfreut, in mireinen quietschfidelen,anscheinend kerngesundenSpielkameraden zu finden.Mirwurde zum ersten Mal bewusst,wie gut es mir eigentlich ging.Am meisten Zeit verbrachte ichmit einem bleichen, stillenJungen in meinem Alter, der anLeukämie erkrankt war.Wirlieferten uns exzessiveMonopoly-Schlachten, und ichbegeisterte ihn für meineComic-Sammlung.Dersterbenskranke Junge erschienmir viel reifer und weiser alsmeine Altersgenoosen war ereiner der : Uralten9 , ein : Wächterdes Lichts9 , der mit mir dasBöse bekämpfen konnte?Leider blieb mir nicht dieZeit, das herauszufinden.Dennals der Stationsarzt mir zumersten Mal Fieber maß, ließenmich die : Mächte des Lichts9vollends im Stich.Die Messunggeschah anal und im Beiseindes Arztes.Ein äußerstentwürdigendes Szenario, vonFieber keine Spur.Welchpeinlicher Vorführeffekt!Mir war das natürlichbesonders meiner Muttergegenüber unangenehm.Jetzthatte sie diesen ganzenAufwand betrieben, mich indiese Spezialklinik gebracht,und nun war alles umsonst:Kein Fieber mehr! Doch sie wargar nicht böse, sondern imGegenteil sehr erleichtert undnahm mich am dritten Tag, andem in der Klinik nichtsAuffälliges an mir festgestelltwerden konnte, wieder nachHause.Der Arzt hatte, wegenmeiner auffälligenAufgekraztheit, lediglich denVerdacht aufSchilddrüsenüberfunktiongeäußert.Im Kontrast zu all denschlappen, kranken Kindern aufder Station war dieser Verdachtauch kein Wunder!Leider habe ich die ganzeGeschichte Gretel gegenübernie aufgeklärt.Wie gerne hätteich gewusst, wie sie dieEreignisse beurteilt hätte.Warsie in ihrer mütterlichen Sorgedamals blind für die Realitätgewesen?Vielleicht sind wir heute inunserer Liebe und Hoffnung aufeine Verbesserung von GretelsZustand auch blind gegenüberdem, was eigentlich geschehensollte.Am Morgen kommt dieHoffnung in Gestalt derKrankengymnastin durch dieTür, die endlich, nach über einerWoche bei uns in der Klinikerscheint.Die große, kräftigeFrau wird von einer Schwesterbegleitet.Die Physiotherapeutinist nicht dafür, Gretel im Liegen: durchzubewegen9 , wie das dieErgotherapeutin vor ein paarTagen demonstriert hat.»Das macht man heute nichtmehr«, erklärt dieKrankengymnastin derverdutzten Schwester, die ihrhelfen soll, Gretel aus dem Bettzu holen und in den: Mobilisationsstuhl9 zu setzen.»Aber ich habe das: Durchbewegen9 in meinerAusbildung gelernt«, wundertdie Schwester sich.»Ja, ja, früher hat man dasauch so gemacht«, belehrt dieKrankengymnastin sie.»Aber ich bin doch erst vorfünf Monaten mit derAusbildung fertig geworden!«»Nun ja, jedenfalls unten inder Intensivstation machen wirsowas wie : Durchbewegen9nicht mehr.«Es sei erwiesenermaßenbesser, den Patienten sich auf: natürliche9 Weise bewegen zulassen, wie beim Aufstehenoder Hinsetzen.: Gegen denPatienten9 zu arbeiten wie beimDurchbewegen sei dagegennicht so förderlich.Gretel wirdalso mit vereinten Kräften inden : Mobistuhl9 gesetzt.Siewehrt sich nicht und wirkt aufeinmal recht munter.Es ist daserste Mal hier im Krankenhaus,dass sie vom Liegen in einesitzende Position gebracht wird.Eigentlich leuchtet es ein, dassSitzen anregend auf ihrenKreislauf wirkt und wenigerstressig ist, als mit viel Mühegegen ihren Willen ihreGliedmaßen zu knicken und zustrecken.Gretels Arme machenabgesehen von derinfusionsbedingten Schwellungeinen guten und kräftigenEindruck.Ihre Beineerschrecken mich aber.Besonders der linkeUnterschenkel ist ganzverkümmert.Es sieht nicht soaus, als ob sie noch daraufstehen, geschweige denn damitlaufen könnte.Wir wollen sie abjetzt als tägliche : Gymnastik9zweimal am Tag für ein, zweiStunden in den Stuhl setzen.Nachmittags sticht dieStationsärztin während derOberarzt-Visite eine neue Nadelin Gretels Hand.Die Infusionmuss jetzt immer öfter voneiner Seite zur anderengewechselt werden, damit dieArme nicht zu sehranschwellen
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